Die Hühner

Für viele Menschen bietet das Hollergstettl die erste Möglichkeit, mit einem Huhn in Kontakt zu treten. Kaum jemand hat ein lebendiges Huhn jemals zuvor gestreichelt.

Hühner sind Individualisten. Für uns sind sie oft kaum zu unterscheiden und doch ist jedes unverwechselbar.
Die großen, rotbraunen Rhodeländer-Hühner mit dem smaragdgrünen Schwanzgefieder sind sicher nicht die spektakulärsten Vertreter ihrer Art. Aber die Rhodeländer sind absolut robust, gesund, wetterfest und legen vor allem auch im Winter. Nach dem Krieg waren sie, als sehr genügsame Rasse, sehr verbreitet. Mit zunehmendem Wohlstand sind allerdings "hübschere" Hühnerrassen im Vormarsch und so gibt es kaum mehr Rhodeländer.

Die Erhaltung der alten Rassen ist uns ein wichtiges Anliegen. So hat sich Margit auf die Zucht der großen Silberwyandotten festgelegt, ich habe als Hauptrasse die großen Rhodeländer und schau mir immer wieder andere Rassen genauer an, indem ich mir Bruteier kaufe.

So hatten wir schon große Orpington in gelb, gelb-schwarzgesäumt, blau-schwarzgesäumt. Orpington sind eine sehr seltene, aber auch recht schwierige Rasse. Von den rostrebhuhnfarbenen Welsumern habe ich noch 2 Hennen, die großen New Hampshire sind eine interessante Legerasse. Unheimlich toll sind die großen Jersey Giants, die ich leider nicht mehr weiterzüchte, da sie durch ihr enormes Gewicht nur auf weichen Böden gehalten werden sollten, am besten auf Wiese.

Auch die Vorwerkhühner hatten auf dem Hollergstettl Einzug gehalten. Sie sind eher leichte, flugfähige Hühner die gut legen. Das zimtfarbene Gefieder mit dem schwarzen Hals- und Schwanzgefieder sieht wunderschön aus. Die Eier stammen vom Deutschen Erhaltungszuchtverein. Leider waren sie nicht reinerbig. Aber auch die Mischlingsdamen sind angenehme Hühner und zwei davon arbeiten als Therapiehühner.

Kaum ein Kind hat heute noch die Möglichkeit einmal ein Huhn zu halten und zu streicheln, geschweige den ein Kücken. So ist dies auch eine wichtige Aufgabe vom Hollergstettl, den positiven, angstfreien Erstkontakt zu ermöglichen und so die Basis zu schaffen, dass die Kinder einen verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren schon früh lernen. Auf dem Bild ist ein Vorwerkkücken zu sehen.

Die Hühner haben bei uns mehrere Funktionen. Einerseits werden die geeignetsten für die Therapien und Begegnungen auf dem Bauernhof eingesetzt. Dann sind da noch die Eier, die absolut unvergleichlich schmecken. Natürlich legen wir auch Wert auf eine gesunde Struktur in der Hühnerschar und so haben wir immer einen Hahn dabei. So wie es sich eben gehört.

Gerade beim Thema Eier scheiden sich oft die Geister. Wir haben nicht immer Eier zur Verfügung. Hühner legen mit ansteigenden Licht- und Sonnenstunden immer mehr. Da kann dann schon einmal eine Eierschwemme stattfinden, die im Freundekreis großen Anklang findet.
Was ich aber aus tiefstem Herzen ablehne ist der Einsatz von legeleistungssteigernden Fertigfuttermischungen. Meine Hühner bekommen reines Getreide (Gerste, Weizen, Maisbruck), Molke, gelegentlich eingeweichtes Brot, Obst, Gemüse, frischen Rasenschnitt, Küchenabfälle (gekochte Nudeln, Erdäpfel, Reis, .... - kein Fleisch), Joghurt, saure Milch und die getrockneten Blätter vom Klee holen sie sich selbst.
Zusatzbelichtung würde die Legeleistung sicher heben, aber die Winterruhe gehört zum natürlichen Lebensrhythmus und wir selbst lege auch besonderen Wert auf Saisonalität und Regionalität. Wir freuen uns selbstverständlich schon wieder auf die Eier unserer Hühner, wo jedes einzelne Ei ein biologisches Kunstwerk und ein Geschenk ist.

Der Hahn erfüllt wesentliche Aufgaben in der Gruppe und Hühner, die es gewohnt sind mit einem Hahn zu leben, sind recht hilflos, wenn er nicht mehr dabei ist.

Abgesehen von befruchteten Eiern sorgt der Hahn für den Zusammenhalt der Gruppe, warnt vor eventuellen Raubtieren (Vögel, Katzen, ...), ruft zum Essen, führt zum Nest und markiert das Revier mit dem Krähen.

Ein charmanter Gockel legt seinen Damen die besten Happen vor und frißt selbst erst zu letzt. Gerade dieses Sozialverhalten macht das Beobachten von Hühnern so interessant. Ständig gibt es etwas neues zu entdecken. Willi ist ein Altsteierer-Hahn. Er lebt jetzt in der Steiermark.

Ein Misthaufen ist nicht ein Muss für die Hühnerhaltung. Aber den Hühnern gefällt er schon außerordentlich gut. Von Kleinstlebewesen und angetrieben Körnchen reicht der Speiseplan bis zum Wurm. Auch eine unvorsichtige Maus wird nicht verschmäht. Die Mengen an Mist, die beim Scheren bewegt werden sind beachtlich.

Ein Muss ist bei der Hühnerhaltung ein zugluftfreier Stall, Sandbadeplätze stehen sehr hoh im Kurs (für eine artgerechte Hühnerhaltung sind sie unerlässlich), ausreichend frisches Trinkwasser, genügend Platz (sonst kann es zum Federpicken und in Folge zum Kanibalismus kommen) und Ruheplatz für ein Nickerchen.

Am Anfang ist entweder die Henne im Nest oder der etwas unromantischere Brutschrank. Wobei die Bindung zu den Hühnern aus der Kunstbrut wesentlich besser ist und leichter etabliert werden kann.

So ist es relativ einfach, die Kücken an einen bestimmten Ruf zu gewönnen, mit dem man sie auch wirklich locken kann. Ein wenig Leckerli (oft Katzenfutter) dazu und sie kommen, wenn man ruft. Wenn sie wissen, wer besonders gutes Futter gibt, kommen sie dann alle.

Wesentlichen Raum im Hühnerleben nimmt das sogenannte Wohlfühlverhalten ein. Sand- und Sonnenbäder. Ich erschrecke heute noch oft, wenn Hühner mit ausgebreiteten Flügeln, gschlossenen Augen leblos am Boden liegen. Erst bei genauerem Hinsehen kann ich die Atmung erkennen. Sie genießen das Sonnenbad in vollen Zügen.

Der Hahn gurrt und ruft und legt den Damen das Leckerli vor. Die besten Happen gibt er weiter. Richtig charmant kann so ein Hahn sein.

Oft wird der Spruch "Hahn im Korb" verwendet. Die wenigsten wissen jedoch was er wirklich bedeutet. Der Hahn zeigt den Hennen einen schönen Platz zum Legen und Brüten. So geht er mit dem interessierten Huhn (manche heucheln Interesse vor) zu jedem geeigneten Winkel am Hof und zeigt mit seiner Körperhaltung zum Nest, gurrt, singt und setzt sich dann schon mal rein um die Vorteile zu demonstrieren. Das Huhn schaut zu und - so sind sie die Hühner - lässt sich oft Stunden lang ein Plätzchen nach dem anderen zeigen. Manchmal ist der Hahn richtig arm und muss Stunden führen und zeigen .......

Es ist eine der beruhigendsten Situationen, wenn man sich die Zeit nimmt und den Hühnern beim geschäftigen Werken zusieht. Mit wieviel Eifer und Ausdauer der Boden und der Misthaufen nach unheimlich wichtigen, brauchbaren Sachen untersucht wird ist beachtlich. Wenn man so steht und beobachtet, steht die Zeit still und man kann sich herrlich entspannen.

Der große Rhodeländer-Hahn Herbert ist ein Star. Alle Kinder aus dem Biedermannsdorfer Kindergarten kennen ihn, aber auch in Einrichtungen in Wien ist Herbert bekannt und arbeitet souverän mit Menschen aller Altersklassen. Herbert ist zutraulich, lässt sich füttern und streicheln. Er kommt auch von selbst zu den Gruppen und kräht auch zuverlässig für die Besucherinnen.

Zuletzt geändert von Brigitte Ringer am 18. Juni 2019